SZ, 20. Dezember 2018

19. Dezember 2018, 21:49 Uhr
Hinter Glas
Es muss nicht immer Gold sein
München Stadtteile Hinter Glas

Dünnes Lametta glitzert in den Glaskörpern. (Foto: Alessandra Schellnegger)

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Vor der Schmuckgalerie Scheytt glitzert Lametta in Glühbirnen
Von Ilona Gerdom

Ein paar Blumentöpfe stehen auf einem Gehweg in Schwabing. Darin wachsen kleine Bäumchen, die Äste karg – ihre Blätter haben sie Mitte Dezember schon längst verloren. Um das junge Holz herum sind Ketten geschlungen, daran baumeln Glühbirnen. Sie sehen aus wie früher, bevor LEDs und Stromsparlampen kamen. Im Inneren der Glaskörper glitzert dünnes Lametta . Eine ganze Reihe von Flaneuren hat die außergewöhnlichen Lampen schon entdeckt, hat hoffnungsvoll in das Fenster dahinter gespäht und ist dann fragenden Blickes in die Kunst- und Schmuckgalerie Scheytt gestolpert.

An die 15 Passanten seien schon hereingekommen und hätten nach der Lichterkette gefragt, sagt die Inhaberin Brigitte Scheytt. Jeden musste sie enttäuschen: Die Dekoration hat sie schon Ende September in einem Baumarkt gekauft. Im Geschäft glitzern in dreieckigen Glaskästen, die von der Decke hängen, ganz andere Dinge: goldene Ringe, Ketten und Armbänder. Mit ihrer Schwester Isabel stellt Brigitte Scheytt, neben einigen Bildern, hauptsächlich Schmuckstücke aus.

Seit 2016 betreiben die Geschwister Scheytt gemeinsam die Galerie. Aber die Liebe zum Schmuck lag schon vorher in der Familie. Bereits der Großvater war Goldschmied, und ihre Hausaufgaben machten die Schwestern im Büro des Schmuckgroßhandels der Eltern. Im Rentenalter dann entschloss sich der Vater, Goldschmiede mit Originalmaterialien zu beliefern. Dabei half Tochter Brigitte nach ihrem Betriebswirtschaftsstudium. Mit dem Rucksack auf dem Rücken sei sie damals auf dem Rad durch München von Werkstatt zu Werkstatt gefahren. Auch heute beliefern die Schwestern noch Goldschmiede.

Die Idee einer Galerie, die individuell gefertigten Schmuck ausstellt, hatte Brigitte schon früher. Sie hat sich geärgert, dass in vielen Läden in München industriell hergestellter Schmuck verkauft wird. „Dabei gibt es in München reichlich Goldschmiede. Viele von ihnen haben kein eigenes Geschäft, sondern stellen ihren Schmuck in einem Hinterhof im dritten Stock her“, sagt sie. Heute betreuen die Schwestern 108 Goldschmiede. Manche leben und arbeiten in Frankreich, andere in Berlin, der Großteil ist in und um München tätig. Den Grundsatz ihres Vaters habe sie wohl verinnerlicht, sagt Brigitte. Schon als sie und ihre Schwester noch Kinder waren, habe er gepredigt: „Wir stellen uns in den Dienst der Goldschmiede.“

Obwohl goldener Glanz die Familie seit Generationen in seinen Bann zieht, war der Weihnachtsbaum immer schlicht geschmückt – nur mit Strohsternen und roten Äpfeln. „Lametta gab es bei uns in der Familie nie“, erinnert sich Brigitte Scheytt. Nun weist es funkelnd hinter dem Glas der Glühbirnen den Weg in die Galerie.

Mit der Adventsserie „Hinter Glas“ schaut die Stadtviertel-Redaktion hinter sehenswerte, nicht nur weihnachtlich geschmückte Fenster.